18.04.2011, 20:47 Uhr | Märkische Allgemeine, Fläming Echo, 18.04.2011

Behörden trotzen Protest
350 Bürger demonstrierten für den Erhalt guter Lernbedingungen im Fläming

Rund 350 Eltern, Schüler, Lehrer und Bürger aus Treuenbrietzen und Orten des Umlandes haben am Freitagabend ihren Unmut zur Bildungspolitik des Landes bekundet. In der überfüllten Aula des Treuenbrietzener Gymnasiums forderten sie drei siebte Klassen für das neue Schuljahr an allen Schulen der Region. So könnten akzeptable Bedingung für neun Klassen mit zirka 25 Schülern geschaffen werden. Sie böten auch für Zuzügler und Wiederholer Platz, ohne später Klassen teilen zu müssen, so die Argumente.

Indes sollen an den drei Fläming-Standorten nach Vorgaben des Schulamtes nur acht Klassen mit bis zu 30 Schülern gebildet werden. „Unverständlich“ blieb für Katrin Päpke, Lehrerin und Mutter, „warum eine Klasse weniger gebildet wird, obwohl insgesamt 23 Kinder, also eine gute Klassenstärke, mehr da sind“ (siehe Infokasten).

Wie berichtet lehnt es das Staatliche Schulamt Brandenburg/Havel entgegen zunächst anders lautenden Vorinformationen ab, in Treuenbrietzen bei 61 Anmeldungen wieder drei siebte Klassen zu bilden. „Weil in der Region insgesamt nicht mehr als 270 Schüler den Weg zum Gymnasium gehen“, sagte der Leiter des Amtes, Ulrich Rosenau.

Ingo Müller, kommissarischer Abteilungsleiter für Schulaufsicht, Qualitätsentwicklung und Internationales im Bildungsministerium verwies wiederholt auf Sparzwänge seines Ressorts, die 26,4 Millionen Euro einspielen sollen. Eine Umverteilung von Lehrern sei nötig. „Bis zu 30 Schüler sind woanders die Regel und laut Studien kein Grund für schlechte Qualität“, so Müller. Er zweifelte die Fähigkeiten heutiger Lehrer an. Ausnahmegenehmigungen, die es in Vorjahren auch durch Proteste und damit erzeugten politischen Druck für Treuenbrietzen und auch für Beelitz gegeben hatte, sah Müller als Fehler.

Treuenbrietzens Bürgermeister, Michael Knape (FDP), verwies auf das Schulgesetz, das – abweichend von der Richtzahl 27 – Klassenstärken von 20 bis 30 Schüler ermöglicht. „Wir wollen kein Sonderrecht in Treuenbrietzen, aber gute Bedingungen im ländlichen Raum“, so der Ortschef.

Die Spielräume müssen genutzt und nicht Gründe gesucht werden, wie diese zu umgehen sind“, sagte Ludwig Burkardt (CDU) als Kreis- und Landtagsabgeordneter.
Sein FDP-Kollege Hans Peter Goetz sagte ebenfalls Unterstützung zu: „Die rechtlichen Möglichkeiten sind da, also müssen drei Klassen auch eingerichtet werden.“ Günter Baaske, Wahlkreisabgeordneter der SPD hatte abgesagt. Gegenüber der MAZ war er am 7. April davon ausgegangen, dass ab 30 Schülern pro Klasse eine Teilung erfolgen und das Schulamt seinen Spielraum für drei siebte Klassen nutzen müsse. Vor Eltern, die danach seine Sprechstunde in Treuenbrietzen aufsuchten, sprach er sich indes gegen eine Dreizügigkeit aus.

Auf einen entsprechenden Vorwurf von Wolfgang Schwarz als Chef des Schulfördervereins, beteuerte Ulrich Rosenau, dem Treuenbrietzener Gymnasium „keine Knüppel zwischen die Beine zu werfen“. Das Schulamt stütze das Haus auch künftig. Eine Lehrerin warf dem Schulrat trotz eines nach Informationen der MAZ verhängten „Maulkorbs“ vor, „alle Leute in Ruhe gewiegt“ zu haben, obwohl die neue Entscheidung schon festgestanden habe: „Sie haben unser Vertrauen missbraucht.“

Auch berichtete Treuenbrietzens Sozialamtsleiterin, Ursula Fischer, von manipulierten Zahlen in Entwicklungsplänen, „mit denen unsere Schule seit Jahren geschwächt werden sollte.“

Insgesamt blieben die Behördenvertreter in der zweieinhalbstündigen Debatte aus Sicht des Publikums einige Antworten schuldig. Bürgermeister und Publikum kündigten an, den Protest zu verstärken und „notfalls wieder auf die Straße zu gehen“, so Wolfgang Schwarz. „Wir werden nicht leiser“, pflichtete Michael Knape bei.

Thomas Wachs